Wahrscheinlich sind weniger rigorose Laboruntersuchungen erforderlich und die zuvor berichteten psychischen Risiken hängen vermutlich nicht unbedingt mit der Isotretinointherapie zusammen.
Es gibt keine Hinweise, die schlechte Ergebnisse chirurgischer/kosmetischer Maßnahmen während der Therapie mit Isotretinoin stützen, mit Ausnahme von mechanischer Dermabrasion und ablativen Lasern.
Wahrscheinlich hat Isotretinoin keinen Einfluss auf das Auftreten einer entzündlichen Darmerkrankung und neue Ergebnisse weisen darauf hin, dass niedrig dosiertes Isotretinoin bei papulopustulöser Rosacea wirksam ist.
Isotretinoin hat die Behandlung der Akne revolutioniert und neue Studien haben ausgezeichnete Erfolge bei der Behandlung der Rosacea nachgewiesen. Nach jahrzehntelanger klinischer Erfahrung werden immer noch neue Erkenntnisse über Dosierungsstrategien, Rezidivprävention und dosisabhängige Nebenwirkungen gewonnen.
Zu den größten Problemen während der Behandlung mit Isotretinoin gehören Hypertriglyceridämie, Erhöhung der Leberenzymwerte, Leukopenie und Thrombozytopenie; jedoch stützen jüngste Studien monatliche Laboruntersuchungen nicht.
Gemäß den neuesten Empfehlungen sollte das große Blutbild nicht mehr bestimmt werden. Jedoch sollten vor Therapiebeginn und nach dem Erreichen der Spitzendosis ein Lipidprofil und ein Leberfunktionstest durchgeführt werden.
Wenn diese Parameter normal sind, ist keine weitere Überwachung erforderlich. [1]
Diese Empfehlung wird durch die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten Studie an über 1.800 Patienten in der täglichen Praxis bestätigt, in der bei weniger als 1 % bzw. 0,5 % der untersuchten Patienten Erhöhungen der Triglyceride vom Grad 3 oder höher und Abweichungen bei Leberfunktionstests festgestellt wurden sowie keine Erhöhung des Cholesterins vom Grad 3 oder höher oder Abweichungen im großen Blutbild beobachtet wurden. [2]
Darüber hinaus gab es im Laufe der Zeit keine bedeutsamen Änderungen in der Frequenz der Laboruntersuchungen.
In einer Ära der hochwertigen kostenbewussten Behandlung ist auch die Reduzierung der Anzahl der Labor-Tests von großer Bedeutung.
Obwohl kein kausaler Zusammenhang zwischen Isotretinoin und psychischen Nebenwirkungen festgestellt wurde, haben weit verbreitete Medienberichte über Depression und Suizidalität unter Anwendung von Isotretinoin sowohl bei Patienten als auch bei Ärzten Bedenken aufkommen lassen und zu zahlreichen kostspieligen Rechtsstreitigkeiten geführt.
Zwischen 1997 und 2017 wurden der US-amerikanischen FDA 17.829 psychische Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Isotretinoin gemeldet, wobei depressive Störungen, emotionale Labilität und Angststörungen die häufigsten waren. [3]
Diese Meldungen müssen jedoch im Zusammenhang mit erhöhten Depressions- und Suizidraten bei Patienten mit Akne insgesamt betrachtet werden.
Tatsächlich weisen jüngste Daten darauf hin, dass die Rate vollendeter Suizide bei Patienten, die Isotretinoin einnehmen, möglicherweise niedriger ist als in der US‑amerikanischen Allgemeinbevölkerung.
Über viele psychische Nebenwirkungen ohne Bezug zu Depression und Suizidalität wurde berichtet, aber es ist unklar, ob sie das Ergebnis der Isotretinoin-Therapie waren.
Bisher ist kein kausaler Zusammenhang zwischen Isotretinoin und einem psychischen Risiko festgestellt worden, selbst wenn Patienten, die das Arzneimittel einnehmen, anfällig für psychische Probleme zu sein scheinen.
Über ähnliche Ergebnisse wurde in einer landesweiten Kohortenstudie in Frankreich mit über 440.000 Patienten, die Isotretinoin einnahmen, berichtet, in der im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein geringeres Suizidrisiko bei Patienten beobachtet wurde, die gegenüber Isotretinoin exponiert waren. Es gab auch keine Hinweise auf eine einen Suizidversuch auslösende Wirkung von Isotretinoin. [4]
Hinsichtlich der Depression war Isotretinoin in einer systematischen Übersicht und Metaanalyse mit signifikant verringerten depressiven Symptomen assoziiert. [5]
Die widersprüchlichen Ergebnisse lassen sich möglicherweise dadurch erklären, dass Isotretinoin in gepoolten retrospektiven Studien mit einem erhöhten Risiko für Depressionen verbunden war, während dieser signifikante Unterschied nicht in gepoolten prospektiven Studien beobachtet wurde.
Tatsächlich hat sich gezeigt, dass Isotretinoin die Lebensqualität, die soziale Angst und die Symptome einer Zwangsstörung bei Akne-Patienten verbessert. [6]
Es gibt eine weit verbreitete Vorstellung, dass systemisches Isotretinoin, das innerhalb von 6 bis 12 Monaten nach einem chirurgischen Eingriff an der Haut eingenommen wird, zu gestörter Narbenbildung oder verzögerter Wundheilung beiträgt.
Diese Hypothese wurde jedoch erst kürzlich in Frage gestellt.
In einer systematischen Überprüfung von 32 relevanten Publikationen und 1.485 Therapiemaßnahmen gab es keine ausreichenden Hinweise, die eine Verzögerung der Heilung nach manueller Dermabrasion, oberflächlichen chemischen Peelings, Hautoperationen, Laser-Haarentfernung sowie von fraktionierten ablativen und nicht-ablativen Laserverfahren bei Patienten stützen, die derzeit eine Isotretinoin-Therapie erhalten oder kürzlich abgeschlossen haben. [7]
Die American Society for Dermatologic Surgery hat kürzlich Konsensempfehlungen zur Sicherheit von Lasern, Dermabrasion, chemischen Peelings, Energiegeräten und chirurgischen Eingriffen an der Haut während und nach der Anwendung von Isotretinoin herausgegeben. Diese Empfehlungen besagen, dass es keine ausreichenden Beweise für die Behauptung gibt, dass der Behandlungserfolg bei oberflächlichen chemischen Peelings und von nicht-ablativen Lasern, einschließlich der Haarentfernung mit Lasern und Lampen, von Gefäßlasern und nicht-ablativen fraktionierten Methoden bei Patienten, die aktuell mit Isotretinoin behandelt werden oder kürzlich Isotretinoin ausgesetzt waren, beeinträchtigt wird. [8]
Im Laufe der Jahre sind bei Patienten Fälle einer entzündlichen Darmerkrankung aufgetreten, die zeitlich mit der Anwendung von Isotretinoin assoziiert zu sein schienen, obwohl ein kausaler Zusammenhang nicht nachgewiesen werden konnte. [9]
Nach einer Reihe von Rechtsstreitigkeiten und zusätzlichen Studien scheint derzeit kein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer entzündlichen Darmerkrankung nach Exposition gegenüber Isotretinoin zu bestehen.
Orales Isotretinoin wurde bei der Behandlung der papulopustulösen Rosacea mit ziemlich widersprüchlichen Ergebnissen in Verbindung gebracht.
Neue Daten aus randomisierten Studien zeigen jetzt, dass Isotretinoin zu einer signifikanten Reduktion der Papeln und Pusteln führt (in einer Studie um 90 %), wobei allerdings bei etwa 50 % der Patienten ein Rezidiv beobachtet wird. [10]
In Anbetracht dessen sind weitere Studien zur Wertigkeit einer minimalen wirksamen Dosis von Isotretinoin erforderlich, um diese Remissionen aufrechtzuerhalten.
Eine kleine retrospektive Auswertung von 52 Patienten ergab, dass sehr niedrig dosiertes Isotretinoin (z. B. 10‑20 mg ein- bis fünfmal pro Woche, entsprechend 5 mg/Tag) eine effektive Behandlung der leichten bis mittelschweren papulopustulösen Rosacea ist und gut vertragen wird. [11]
Während der Therapie mit Isotretinoin ist eine stärkere Personalisierung der Laborüberwachung erforderlich.
Die psychischen Risiken, über die früher im Zusammenhang mit Isotretinoin berichtet wurde, sind möglicherweise auf die Akne an sich und nicht auf Isotretinoin zurückzuführen.
Es gibt keine Hinweise, die schlechte Ergebnisse chirurgischer/kosmetischer Maßnahmen während der Therapie mit Isotretinoin stützen, mit Ausnahme von mechanischer Dermabrasion und ablativen Lasern.
Wahrscheinlich hat Isotretinoin keinen Einfluss auf das Auftreten einer entzündlichen Darmerkrankung.
Neue Belege weisen darauf hin, dass niedrig dosiertes Isotretinoin bei der schwierig zu behandelnden papulopustulösen Rosacea wirksam ist.
Kernaussagen/Klinische Perspektiven
Einige der gängigen Ansichten über Isotretinoin bei der Behandlung von Akne wurden erneut überprüft und einige der Einschränkungen, die zuvor dem Arzneimittel zugeschrieben wurden, konnten angesichts der jüngsten Erkenntnisse widerlegt werden.
Droitcourt C, Nowak E, Rault C, et al. Risk of suicide attempt associated with isotretinoin: a nationwide cohort and nested case-time-control study. Int J Epidemiol. 2019 May 16. pii: dyz093. doi: 10.1093/ije/dyz093.
Li C, Chen J, Wang W, et al. Use of isotretinoin and risk of depression in patients with acne: a systematic review and meta-analysis. BMJ Open. 2019 Jan 21;9(1):e021549.
Erdoğan Y, Erturan İ, Aktepe E, et al. Comparison of quality of life, depression, anxiety, suicide, social anxiety and obsessive-compulsive symptoms between adolescents with acne receiving isotretinoin and antibiotics: A prospective, non-randomised, open-label study. Paediatr Drugs. 2019 Jun;21(3):195-202.
Spring LK, Krakowski AC, Alam M, et al. Isotretinoin and timing of procedural interventions: a systematic review with consensus recommendations. JAMA Dermatol. 2017 Aug 1;153(8):802-9.
Waldman A, Bolotin D, Arndt KA, et al. ASDS Guidelines Task Force: consensus recommendations regarding the safety of lasers, dermabrasion, chemical peels, energy devices, and skin surgery during and after isotretinoin use. Dermatol Surg. 2017 Oct;43(10):1249-62.
Etminan M1, Bird ST, Delaney JA, et al. Isotretinoin and risk for inflammatory bowel disease: a nested case-control study and meta-analysis of published and unpublished data. JAMA Dermatol. 2013 Feb;149(2):216-20.
Sbidian E, Vicaut É, Chidiack H, et al. A randomized-controlled trial of oral low-dose isotretinoin for difficult-to-treat papulopustular rosacea. J Invest Dermatol. 2016 Jun;136(6):1124-9.
Vorgetragen von: Prof. Kristian Reich, Translational Research in Inflammatory Skin Diseases, Institute for Health Services Research in Dermatology and Nursing, University Medical Center Hamburg-Eppendorf, and Skinflammation® Center, Hamburg, Germany
Vorgetragen von: Prof. Spyridon Gkalpakiotis, Department of Dermatovenereology, Third Faculty of Medicine and University Hospital of Kralovske Vinohrady, Prague, Czech Republic.